Anlocken & Abzocken: Das steckt hinter der „Tease & Squeeze“-Masche der Energieanbieter
Rund 5,5 Milliarden Euro zahlen deutsche Verbraucherinnen jährlich zu viel für Strom – eine beunruhigende Summe, die durch intransparente Tarife und fragwürdige Praktiken entsteht. Wir decken auf, wie Anbieter ihre Kundinnen systematisch „Anlocken & Abzocken“ und geben Tipps, wie man sich schützen kann.
08. November 2024
|Trick #1: Die „Tease & Squeeze“-Strategie – Verlockende Tarife als Kostenfalle
Viele Energieanbieter nutzen die „Tease & Squeeze“-Taktik: Sie locken Neukundi*nnen mit niedrigen Einstiegspreisen an („Tease“), die nach Ablauf der Preisgarantie drastisch erhöht werden („Squeeze“). Häufig verdoppelt sich der Preis nach nur einem Jahr, wodurch Verbraucher*innen unerwartet hohe Kosten schultern müssen. Dieser Trick ist zwar legal, aber unfair – und schwer durchschaubar. Vergleichsportale fördern diesen Wettbewerb, um günstige Einstiegsangebote, die nachträglich teuer werden.
Besonders betroffen sind Verbraucherinnen, die wenig Zeit oder Kenntnisse haben, um Preisanpassungen zu erkennen. Viele Anbieter kommunizieren die Preiserhöhungen so unauffällig wie möglich, was es für die Kundinnen schwierig macht, rechtzeitig zu reagieren.
Tease & Squeeze: Ein Beispiel
Eine Kundin schließt einen Vertrag mit einem Einstiegs-Stromtarif ab. Zwölf Monate nach Vertragsschluss – also nach Auslaufen der Preisgarantie – wird ihr Arbeitspreis um 57% erhöht. Sie zahlt also nun über 40ct/ kWh. Liest sie das Schreiben nicht sorgfältig durch und nutzt ihr Sonderkündigungsrecht nicht, zahlt sie monatlich mehr, als sie ursprünglich eingeplant hat. Ein Schock, der viele finanziell unvorbereitet trifft.
Trick #2: Kostenfalle Grundversorgung – Überhöhte Preise für den Basisstrom
Viele Haushalte befinden sich in der teuren Grundversorgung, oft ohne es zu wissen. Dabei sind Tarife in der Grundversorgung meist kostspieliger als alternative Angebote. Zudem ist die Preisstruktur häufig undurchsichtig. Grundversorger profitieren dabei von der Angst und Unsicherheit der Verbraucher*innen, die sich vor einem Anbieterwechsel scheuen. Allerdings ist die Befürchtung, plötzlich ohne Strom dazustehen, unbegründet, da die Netzbetreiber die Versorgung sicherstellen.
Ein viel größeres Problem ist jedoch der Vertrauensvorschuss, den die Grundversorger nach wie vor genießen. Das perfide: Aus Angst, bei einem unseriöse Abzocker zu landen, vertrauen die Kund*innen ihrem großen und etablierten Grundversorger und bleiben so bei dem Anbieter, der sie dann tatsächlich abzockt.
Kostenfalle Grundversorgung: Ein Beispiel Diese Rechnung haben wir von einem Verbraucher erhalten, der sich bisher auf seinen Grundversorger verlassen hat. Zunächst einmal fällt auf, dass es durch die Bezeichnung “Strom Basis” zunächst für den Kunden gar nicht ersichtlich ist, dass er sich in der Grundversorgung befindet. Das Ausrechnen des Arbeitspreises wird dank der Auflistung der Einzelbestandteile zur Rechenaufgabe. Dass Stromsteuer und das Entgelt für den Messstellenbetrieb auf den Verbrauchspreis draufgerechnet werden müssen, dürfte zudem den wenigsten Kund*innen bekannt sein. So geht der Kunde von einem Arbeitspreis von rund 35 ct/ kWh aus. Tatsächlich ergeben sich allerdings nach Bewältigung der Rechenaufgabe ein Arbeitspreis von rund 44 ct/ kWh ((0.345 + 0,021)*1,19 = 44 ct.). Ohne zu wissen, dass er für denselben Verbrauch bei einem anderen Anbieter deutlich weniger zahlen könnte, wird er zum lukrativen Dauerkunden eines Großkonzerns.
Trick #3 Unlautere Methoden: Preiserhöhungen trotz Preisgarantie
Einige Anbieter umgehen sogar gesetzliche Vorgaben. Fälle von Preiserhöhungen trotz Preisgarantie oder verweigerte Bonuszahlungen sind keine Seltenheit. Verbraucher*innen können dadurch erhebliche finanzielle Nachteile erfahren.
Preiserhöhung trotz Preisgarantie: Ein Beispiel
Ein Kunde schließt einen Vertrag mit Preisgarantie ab. Doch nur wenige Monate später erhält er eine Anpassungsmitteilung mit drastisch erhöhten Abschlagszahlungen – obwohl ihm eigentlich feste Preise zugesichert wurden.Trotz Preisgarantie erhöht der Anbieter den Arbeitspreis auf 67,47 Cent/kWh und den Grundpreis auf 13,58 Euro im Jahr. Die Begründung: gestiegene Rohstoffpreise durch den Ukraine-Krieg und staatliche Eingriffe.
Der Anbieter beruft sich auf §313 BGB, der es ihm angeblich erlaubt, den Vertrag anzupassen. Doch die meisten Jurist*innen sind sich einig, dass solche Erhöhungen trotz Preisgarantie unzulässig sind. Es scheint eher, dass der Anbieter nicht langfristig genug geplant hat und nun die gestiegenen Kosten an die Kunden weitergeben möchte. (Fall entdeckt auf: Verbraucherhilfe Stromanbieter
Unsere Rolle: Verbraucher*innen schützen und Transparenz schaffen
Unser Mutterkonzern in Großbritannien hat bewiesen, dass echter Wandel möglich ist. Octopus Energy führte dort eine nationale Kampagne gegen die unfairen „Tease and Squeeze“-Taktiken und setzte sich erfolgreich für eine Energiepreisbremse zum Schutz der Verbraucher:innen ein. Nach intensiver Zusammenarbeit mit Abgeordneten, Stadträten, Industrieverbänden und Medien wurde 2018 ein Energiepreisdeckel als Gesetz verabschiedet, der den maximalen Preis basierend auf den tatsächlichen Versorgungskosten festlegt. Im ersten Jahr sparte dieser Preisdeckel britischen Haushalten über eine Milliarde Pfund!
Dieses Vorbild inspiriert uns auch in Deutschland. Ein Anbieterwechsel dauert oft nur fünf Minuten und kann hunderte Euro im Jahr sparen – ohne Abstriche bei der Qualität des Stroms. Es ist an der Zeit, dass mehr Menschen diese Chance nutzen und sich unabhängiger machen.
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Die intransparenten Praktiken im Energiemarkt belasten viele Verbraucher*innen finanziell – doch das muss nicht so sein. Nutze unseren kostenlosen Rechnungscheck und wir sagen dir, ob du zu viel zahlst.
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Simone Groß
Senior Marketing Manager