Energiemarkt News im März: Interview mit Experte Sebastian zu Energie­preis­bremsen

Seit dem 1. März 2023 ist die Strom- und Gaspreis­bremse in Kraft. Da die Energie­preis­bremsen aber aktuell noch sehr in der Kritik stehen, haben wir unseren Experten Sebastian geschnappt und uns das Thema genauer angesehen. 🔎

30. März 2023

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Kannst du dich kurz vorstellen und erzählen, wer du bist und was du bei Octopus Energy genau machst? 🐙

Ich bin Sebastian und arbeite bei Octopus Energy als Political and Public Affairs Manager in Berlin. Ich bin also die Schnittstelle zwischen Unternehmen, Politik und Gesellschaft. 😊

sebastian

Seit 1. März gelten die Strom- & Gaspreis­premsen für private Haushalte, klein- & mittel­ständische Unter­nehmen in Deutschland. Was bedeutet das für Verbraucher*innen?

Die Energiepreis­bremsen, die Ende des letzten Jahres beschlossen wurden, sind ein Zuschuss des Staates zum Strom- und Gaspreis für Verbraucher*innen und mittelständische Unternehmen. Diese sollen aufgrund der stark angestiegenen Preise entlastet werden und so ab dem 1. März 2023 bis zum 20. April 2024 weniger Geld für Strom, Erdgas oder Fernwärme zahlen. 💸

Die Grundlage für die Berechnung der Preisbremse bzw. die Höhe des Zuschusses bildet der im September 2022 prognostizierte Jahresverbrauch für 2023.80 Prozent des errechneten Verbrauchs werden dann mit folgenden Arbeitspreisen gedeckelt: 

  • der Gaspreis auf 12 ct/kWh

  • der Strompreis auf 40 ct/kWh 

  • und der Preis für Fernwärme auf 9,5 ct.

Für die restlichen 20 Prozent des Verbrauchs gelten die individuell vertraglich vereinbarten Preise. So sollen Verbraucher*innen auch weiterhin zum Sparen angeregt werden.

Generell gelten die Energiepreisbremsen für private Haushalte und Unternehmen mit einem Stromverbrauch von bis zu 30.000 kWh/Jahr und einem jährlichen Gasverbrauch von unter 1,5 Millionen kWh

Die Kund*innen müssen dabei selbst nichts unternehmen, denn sie werden entweder über die Abrechnung des Energieversorgers oder über die Betriebs­kosten­abrechnung der Vermieter*innen entlastet.

Damit das ganze ein bisschen verständlicher wird, habe ich auch noch ein Beispiel mitgebracht: 

Eine Familie mit einem Stromverbrauch von 4.000 kWh zahlt in ihrem aktuellen Stromvertrag 49,97 Cent pro Kilowattstunde. 👨‍👩‍👧‍👦 Mit der Strompreisbremse zahlt die Familie auf 3.200 kWh (80 Prozent des Stromverbrauchs) den reduzierten Strompreis von 40 Cent pro kWh. Für 800 kWh (20 Prozent) werden die vertraglich vereinbarten 49,97 Cent pro kWh fällig.

So wird die Familie durch die Strompreisbremse um ca. 320 Euro/Jahr entlastet. 💸

Was bedeuten die Energie­preis­bremsen für Strom- & Gasanbieter?

Generell ist es so, dass der Energiezuschuss vom Bund übernommen wird. Das bedeutet also, dass Gaslieferanten zuerst das Geld vorstrecken und anschließend einen Erstattungs­anspruch als finanziellen Ausgleich erhalten. Die Stromversorger erhalten die gewährten Entlastungen von ihrem Übertragungs­netzbetreiber. Diese wiederum finanzieren dies aus abgeschöpften Zufallsgewinnen der Energiewirtschaft und den Zuschüssen des Bundes  aus den Wirtschafts­stabilisierungs­fonds.😄 Die Energieversorger sind dazu verpflichtet, den Verbraucher*innen den Entlastungsbetrag gutzuschreiben. Diese Gutschrift erfolgt dann entweder mit der Jahresabrechnung oder über die Voraus- oder Abschlagszahlungen. 👍

Werden die Anbieter die Preise für Strom und Gas wieder weiter erhöhen? Was bedeutet die Missbrauchs­klausel in diesem Zusammen­hang?

Die Energieversorger können die Strompreise erhöhen, allerdings müssen sie durch die Missbrauchs­klausel der Energiepreisbremse genau begründen und beweisen, warum eine Erhöhung der Preise notwendig ist. Zudem besteht für Kund*innen nach einer Strompreiserhöhung ein Sonderkündigungsrecht, denn Energieversorger sind weiterhin an die vereinbarten Verträge und Preise gebunden.

Aber Vorsicht! 👆Solltest du dich in der Grundversorgung befinden, also keinen Sondervertrag mit einem Anbieter geschlossen haben, gilt kein Sonderkündigungsrecht. Du kannst in der Grundversorgung jedoch jederzeit mit einer Frist von zwei Wochen kündigen. Wenn die Versorger die Preise erhöhen, müssen dich sechs Wochen vorab schriftlich über eine Preiserhöhung informieren. 

Solltest du dazu mehr wissen wollen, haben wir auch zwei Blogartikel zum Thema Sonderkündigungsrecht für dich: 

Warum stehen die Energiepreis­bremsen aktuell so in der Kritik?

Zum einen besteht der Verdacht, dass manche Anbieter die Kosten pro Kilowattstunde für Kund*innen künstlich hochhalten. So könnten sie den Steuerzahler*innen die Preisdifferenz in Rechnung stellen und dadurch höhere Gewinne einfahren.💰

Zum anderen hätten die Energieversorger ihre Strom- & Gaskund*innen bis zum 1. März 2023 benachrichtigen sollen, ob und wie viel Geld sie durch die Energiepreisbremse sparen. Viele haben dies allerdings (noch) nicht getan. 👎

Zudem wird normalerweise bei Subventionen zwischen den unterschiedlichen Einkommens­gruppen unterschieden. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat dies allerdings aufgrund des zu aufwendigen Verfahrens abgelehnt. Arme Haushalte und die untere Mittelschicht werden zwar gemessen an ihren Einkommen prozentual am stärksten entlastet, doch in absoluten Zahlen fließen etwa drei Viertel der benötigten Milliarden an die darüber liegenden Einkommensgruppen. Die Mittelschicht und Besserverdienende profitieren daher mehr von den Energiepreisbremse als die untere Mittelschicht und ärmere Haushalte 🤨.

Ein weitere Kritikpunkt ist, dass Kund*innen, die eine Preisgarantie genießen und somit weniger als 40ct/kWh bezahlen, auch nicht von der Subvention profitieren. 

Und zu guter Letzt werden die hohen Subventions­auflagen für Unternehmen von einigen mittelständischen Unternehmen als eine zu große Hürde wahrgenommen. 

Wir haben gehört, dass es Reperatur­gesetze geben soll, kannst du uns kurz erklären, was das ist und ob es da schon mehr Infos gibt?

Damit Unternehmen im Zuge der Preisbremsen nicht zu viel Geld bekommen, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz eine Nachbesserung der Energiepreis­bremsen geplant. 

Unternehmen, die im Verdacht stehen, Profit aus den Energiepreisbremsen zu ziehen, sollen nun bereits früher Überprüfungen unterzogen werden. Bisher waren diese nämlich erst Ende 2023 nach Ablauf der Subventionen geplant. Nun soll die Überprüfung auch währenddessen stattfinden, falls es Anhaltspunkte dafür gibt, dass Unternehmen zu viel Geld erhalten haben. 

Die betroffenen Unternehmen müssen dann ihre Daten offenlegen und gegebenenfalls die staatliche Unterstützung zurückzahlen.🫰 Davon betroffen sind auch Boni- und Dividendenzahlungen. Diese dürfen nicht ausgezahlt werden, wenn das Unternehmen mehr als 50 Mio. Euro staatliche Gelder erhalten hat. Muss ein Unternehmen tatsächlich Geld zurückzahlen, soll die Abwicklung dieser Rückzahlung über private Wirtschafts­prüfer*innen erfolgen.  Bisher war geplant, dass die staatlichen Behörden oder die Unternehmen selbst die Abwicklung vornehmen. 

Das Problem dabei ist allerdings, dass auch diejenigen Wirtschaftsprüfer*innen berücksichtigt werden, die Unternehmen beim Bezug von staatlicher Unterstützung beraten haben. 

Danke für das Interview, Sebastian!

Unser Fazit 🐙

Unserer Meinung nach sind die Energiepreisbremsen eine kurzfristig Alternative, um Verbraucher*innen zu entlasten. Sie sichern Verbraucher*innen vor zu hohen Energiepreisen und somit auch davor, im Dunkeln oder im Kalten zu sitzen. 🏘

Allerdings sollte es das Ziel der Bundesregierung sein, die Preise langfristig niedrig zu halten. Dafür muss sich allerdings noch einiges tun – der Ausbau von erneuerbaren Energien wie Photovoltaik oder Windkraft, der Smart-Meter-Rollout in ganz Deutschland und der Umstieg auf umweltfreundliche Heizsysteme wie z.B. Wärmepumpen. Kurz gesagt, eine Energierevolution. 😉💚


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Veronika Gott
Junior Marketing Managerin

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